Scheinselbständigkeit: Welche Konsequenzen wirklich drohen

Kategorie: Steuerrecht

Scheinselbständigkeit birgt erhebliche finanzielle und strafrechtliche Risiken für Auftraggeber und vermeintlich Selbständige. Rückwirkende Sozialabgaben, Steuerforderungen und sogar Strafverfahren sind mögliche Folgen. Dieser Beitrag zeigt, worauf Sie achten müssen – und wie Sie sich effektiv absichern.

Folgen von Scheinselbständigkeit: Unternehmer bei der Arbeit

Die Scheinselbständigkeit – ein unterschätztes Risiko

Viele Unternehmen arbeiten mit freien Mitarbeitern, insbesondere in projektbasierten oder spezialisierten Bereichen. Doch nicht jede freie Tätigkeit ist auch tatsächlich selbständig im rechtlichen Sinne. Sobald jemand in die Arbeitsorganisation eines Unternehmens eingegliedert ist, Weisungen folgt oder wirtschaftlich abhängig ist, kann eine sogenannte Scheinselbständigkeit vorliegen – auch wenn formal ein freier Dienstvertrag besteht. 

Und genau hier liegt die Gefahr: Denn wenn die Deutsche Rentenversicherung oder andere Stellen im Rahmen einer Prüfung zur Einschätzung gelangen, dass es sich tatsächlich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt, sind die Konsequenzen weitreichend.

Sozialversicherung und Steuer: Rückwirkende Zahlungsverpflichtungen

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass eine freie Mitarbeit in Wahrheit ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis war, ist der ehemalige Auftraggeber verpflichtet, sämtliche Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen – und zwar nicht nur seinen eigenen Anteil, sondern auch den des vermeintlich Selbständigen. Diese Nachforderung kann sich auf einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erstrecken. Hinzu kommen monatliche Säumniszuschläge in Höhe von einem Prozent, was sich bei längeren Zeiträumen und mehreren Fällen zu einer erheblichen finanziellen Belastung aufsummieren kann.

Doch dabei bleibt es nicht. Der vormals als Auftraggeber agierende Unternehmer wird im Falle einer festgestellten Scheinselbständigkeit automatisch zum Arbeitgeber – mit allen steuerlichen Pflichten. Besonders problematisch ist, dass oft aus den Rechnungen der vermeintlich selbständig Tätigen Vorsteuer gezogen wurde. Diese ist nachträglich nicht mehr abziehbar, weil es sich steuerrechtlich eben nicht um unternehmerische Leistungen handelt. Das bedeutet: Auch umsatzsteuerlich kann es zu Rückforderungen kommen.

Darüber hinaus besteht das Risiko, dass auch die Lohnsteuer nachzuzahlen ist, die für einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer hätte abgeführt werden müssen. Auch diese kann – je nach Umfang und Zeitraum – in beträchtlicher Höhe anfallen.

Strafrechtliche Risiken nach § 266a StGB

Neben den wirtschaftlichen Folgen kann die Feststellung einer Scheinselbständigkeit auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. § 266a StGB stellt das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter Strafe. Im Fokus stehen hier nicht Löhne im engeren Sinne, sondern vor allem nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge. Kommt es zu dem Ergebnis, dass diese vorsätzlich nicht abgeführt wurden, droht eine Strafverfolgung.

Das Gesetz sieht in solchen Fällen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor. In der Praxis ist jedoch zu beobachten, dass es – sofern es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt, der keinen besonders großen finanziellen Umfang hat – oft zu einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage kommt. Dennoch gilt: Wer einmal auffällig geworden ist, muss bei einem erneuten Verstoß mit einer härteren Gangart der Strafverfolgungsbehörden rechnen.

Abgrenzung ist nicht immer eindeutig – Gerichte entscheiden oft anders

Allerdings ist nicht jede Feststellung der Deutschen Rentenversicherung korrekt. In der Praxis kommt es häufig zu Streitigkeiten über die genaue Einordnung. 

Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit: Eine freie Mitarbeiterin in einem Steuerbüro wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung von der Rentenversicherung als fest angestellt eingestuft. Der Fall landete vor dem Sozialgericht und später sogar vor dem Landessozialgericht. Beide Gerichte kamen zu dem Schluss, dass es sich bei der Tätigkeit sehr wohl um eine echte freie Mitarbeit gehandelt habe.

Dieses Beispiel zeigt, dass die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung nicht immer eindeutig ist. Auch wenn die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung zu einem bestimmten Ergebnis kommen, ist dieses nicht in Stein gemeißelt. Es gibt also durchaus Spielräume, in denen eine gerichtliche Klärung sinnvoll sein kann.

Fazit: Scheinselbständigkeit frühzeitig prüfen und professionell absichern

Scheinselbständigkeit ist kein Randthema, sondern ein ernstzunehmendes Risiko für Unternehmen wie auch für die betroffenen Personen. Die finanziellen Belastungen durch Nachzahlungen, Säumniszuschläge und Steuerkorrekturen können existenzbedrohend sein. Kommt noch ein strafrechtlicher Vorwurf hinzu, wird es schnell sehr ernst. 

Gleichzeitig zeigt die Praxis: Nicht alles, was die Rentenversicherung als Beschäftigung ansieht, hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Es lohnt sich deshalb, frühzeitig professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen – etwa durch eine anwaltliche Prüfung der Vertragsverhältnisse oder im Rahmen einer Statusfeststellung. Denn Prävention ist immer günstiger als Nachsorge.

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